Mittwoch, 4.6.2025 16:06 | Force2Motion Übung macht den Meister oder besser: Übung erhält den Meister.

Continue

Übung macht den Meister oder besser: Übung erhält den Meister.

Im Business-Umfeld nennt wir das KVP: Kontinuierlicher Verbesserungs-Prozess und scheuchen damit unsere Untergebenen vor uns her.

Doch wozu das Ganze? „Fahrrad fahren verlernt man nicht“ sagt doch das Sprichwort und damit ist es dann jetzt erstmals auch schon gut mit den Sprichwörtern (ich liebe das…). Aber wie ist das mit dem Fliegen? Vor etwa einem Jahr habe ich den Pilotenschein (PPL(A)) gemacht und fliege seither munter durch die Gegend (zuletzt sogar über die Keltische See bis nach Irland). Das Flugzeug in die Luft zu bringen, dort auf Kurs zu halten und auch wieder sicher zu landen, ist kein Problem. Wenn man das einmal drauf hat, ist das wie „Fahrrad fahren“.

IMG_7016

Aber halt: Wie war das nochmal mit dem Airwork und den Notfall-Übungen? In der Ausbildung haben mich meine Fluglehrer und dann der Prüfer mit Steilkurven, Überziehübungen und Ziellandeübungen „genervt“. Warum soll ich bitte schön in 45° Schräglage mit der Piper in Top-Gun-Manier Kampfkurven fliegen? Damit vergraule und erschrecke ich ja meine Fluggäste. Und es kommt sicher auch nicht so gut an, in 2.000 ft MSL über dem Flugplatz einen Motorausfall zu simulieren, das Gas auf Leerlauf zu ziehen und ohne Motor sauber auf der Schwelle zu landen. Und daher habe ich diese Übungen seit der Prüfung vernachlässigt - Braucht man ja sowieso nur alles für den Notfall.

Und damit kommen wir der Sache auf den Punkt. Wenn wir mit Freunden Rundflüge über die Eifel machen oder Strecke fliegen, dann steht das entspannte und sichere Flugerlebnis an erster Stelle. Kurswechsel macht man sanft und mit max. 20° Schräglage und wenn dabei das Flugzeug ein wenig schiebt, weil Seitenruder und Querruder nicht perfekt zueinander betätigt werden, dann merkt das von den Laien niemand. Erst wenn wieder mal ein Fluglehrer oder Prüfer für einen Check oder eine Freigabe für ein anderes Muster mit an Bord ist, bekommt man die Quittung: „Das war nicht perfekt“ ist dann die diplomatische Umschreibung für „Das war Mist“.

Ich hatte gerade dieses Erlebnis und das hat mich so angefixt, dass ich mir direkt wieder eine Maschine gechartert und die ganzen Übungen wiederholt habe. Diesmal ohne Passagiere und ohne nervenden Prüfer, denn dass ich etwas falsch mache, merke ich auch (nur später). Ich persönlich muss Dinge selbst erfahren oder hier: erfliegen. Mir hilft es nicht, wenn mir ein Fluglehrer sagt, dass die Nase fällt. Ich muss das richtige Gegenmittel finden. Und so habe ich heute beim Fliegen von Steilkurven wieder gesehen, dass mir die Kiste in die Kurve gefallen ist und ich beim 360° Turn mit 45° Schräglage mal locker 300 ft verloren habe. Beim nächsten Versuch stieg die Maschine zu hoch, nachher die Airspeed zu stark an. Dann bricht man den Versuch eben ab und sammelt sich nochmal. Dann der Aha-Effekt: Die Höhe hält man in der Steilkurve (auch) mit dem Seitenruder. Und jetzt höre ich meinen Fluglehrer schon sagen: „Das habe ich Dir doch auch so beigebracht. Das weiß man doch…“ Genau, aber es geht verloren, wenn man nicht immer wieder trainiert und dann wird es stilistisch eben unschön. Die Kurvenflüge sind jetzt immer noch verbesserungswürdig, aber die Werkzeuge und Maßnahmen, wie Abweichungen zu korrigieren sind, sind wieder präsent. Es hilft enorm, in aller Ruhe und innerhalb sicherer Randbedingungen (ausreichende Höhe, sichere Geschwindigkeit) das Flugzeug zu fühlen, wenn man einzelne Parameter bewusst verändert und das Ergebnis optimiert.

Das gleiche gilt für die Ziellandeübungen. Nummer 1 war fasst perfekt. Bei Nummer 2 musste ich etwas Gas nachschieben (was ich im Ernstfall nicht gekonnt hätte), weil mich der Rückenwind zu weit rausgetragen hatte. Nummer 3 habe ich frühzeitig abgebrochen, weil mir eine andere Maschinen im Weg war (Schade, denn der Anflug war perfekt) und Nummer 4 habe ich dann zu hoch angeflogen und hätte die Maschine nur mit Gewalt auf die Landebahn zwingen können (also Go-Around).

Das lief zu Ausbildungszeiten alles viel sauberer (trotz nörgelndem Coach), aber jetzt war es beim Übungsflug wieder ein gutes Gefühl, dass ich die Maschine fliege und nicht sie mit mir. Auch das Aha-Erlebnis mit zunehmendem Rücken- bzw. Crosswind eben zu weit hinausgetragen zu werden und dann im Final zu verhungern, war erhellend.

Auch hier hat mir geholfen, dass ich vorher in sicherer Höhe ein paar Stall-Übungen gem. Ausbildungshandbuch gemacht habe und die Handgriffe damit noch einmal präsent wurden. Das ist dann bei einem verkorksten Endanflug lebensrettend. Gerade erst habe ich wieder gelesen: Es ist besser, Du erklärst nachher, warum Du einen Go-Around gemacht hast, anstatt, dass nachher andere herausfinden müssen, warum Du es nicht gemacht hast.

Die Moral von der Geschicht: Sei zu selbstsicher lieber nicht.

Auch nach 80 Stunden ist man immer noch ein Rookie und muss an sich arbeiten. Und das gilt nicht nur beim Fliegen. Wenn man in seinem Bereich wirklich gut sein will, dann darf man sich nicht auf seinen Titeln, Zertifikaten und Zeugnissen vergangener Tage ausruhen, sondern man muss sich jeden Tag strecken.

Hammer

Deshalb hängt seit Jahren neben meinen Urkunden als Erinnerung und Ermahnung, sich „an die Decke zu strecken“ auch der Hammer bildlich bei mir im Büro hoch – direkt unter der Decke. Also liebe Kinderlein: Die Drohung mit dem "lebenslangen Lernen" gilt für alles und jeden, der was auf sich hält – auch für uns alten Säcke.

Und jetzt Schluss mit den Plattitüden: Blue Skyes & Happy Landings.

P.S. Mich würde natürlich brennend von den anderen Fliegerkollegen interessieren, wie Ihr es so mit dem Airwork und dem Training haltet.