Exit Brexit – Please stay oder: Wie man als kleiner Unternehmer in der IHK Vollversammlung gehört wird


Am 30.03.2019 – also in knapp einem halben Jahr – könnte ein Horror-Szenario Wirklichkeit werden. Nicht nur, dass Großbritannien dann tatsächlich aus dem Verbund der Europäischen Union ausscheidet, es könnte dabei auch einen harten Brexit geben, der die gesamten etablierten Handelsbeziehungen zwischen den verbleibenden 27 EU-Staaten und dem Königreich komplett zum Erliegen bringen könnte. Ohne Handelsabkommen fällt UK auf den gleichen Stand wie der Handel mit einem Dritte-Welt-Land. Und im Moment sieht es so aus, dass weder die europäischen noch die britischen Politiker in der Lage oder willens sind, das Problem zu lösen. Am Ende wird es bis auf ganz wenige ganz spezielle Ausnahmen nur Verlierer auf allen Seiten geben.


Wie schön wäre es doch, wenn die Briten die Idee mit dem Brexit doch noch vergessen würden und in einem zweiten Votum für den Verbleib in Europa stimmen würden. Denn wenn wir mal ehrlich sind: Wir mögen die Briten. Sie bauen tolle Autos, machen coole Musik und wir lieben ihre Schrulligkeit. Der Stadtplan von London ist uns aus dem ersten Unterrichtsjahr im Fach Englisch immer noch präsent und die Queen und die königliche Familie haben wir insgeheim auch irgendwie adoptiert. Und GB gehört zu der EU, genauso wie u.a. Frankreich, die Beneluxländer oder wir Deutschen. Eine EU ohne GB ist eigentlich undenkbar. Und tatsächlich sind die Nationen wirtschaftlich so eng miteinander verknüpft, dass viele alltäglichen Produkte schlagartig nicht mehr oder zumindest nicht mehr so einfach und so preiswert zur Verfügung stehen werden. Da gibt es das Beispiel der BMW-Schraube, die im Laufe des Produktionsprozesses bis zum fertigen Mini den Kanal insgesamt viermal überquert. Die LKW-Schlange in Calais und Dover vor den Zollabfertigungsterminals dürfte ab April 2019 gigantisch werden.


Sicherlich ist UK nach dem Brexit nicht aus der Welt, aber es wird etwas Wichtiges in der Europäischen Union fehlen. Das Volk selber ist offenbar nach wie vor gespalten und das Votum für oder wider oder über das wie ändert sich wöchentlich. Wäre es daher nicht besser, über einen Exit vom Brexit nachzudenken? Und wenn GB bleibt, dann müssen wir gemeinsam selbstverständlich daran arbeiten, die Gründe für das Brexit-Votum zu analysieren und Missstände in partnerschaftliche Weise abstellen. Sonst bleibt das nur eine Vernunft-Ehe der Kinder wegen…


Dies Gedanken haben mich umgetrieben, als wir uns wenige Tage nach dem IHK-Außenhandelstag im Aachener Eurogress, bei dem der Brexit eines der beherrschenden Themen war, am 25.09.2018 in der Vollversammlung der IHK Aachen zur turnusmäßigen Sitzung getroffen haben. Meine Wortmeldung unter „Verschiedenes“ zu meiner Idee, mit einer Charme-Offensive seitens der Wirtschaft die Briten zu ermutigen, den Brexit noch einmal grundsätzlich zu überdenken, wurde nicht nur wohlwollend zur Kenntnis genommen, sondern Präsident Wolfgang Mainz formulierte daraus spontan einen Auftrag für die IHK Aachen. Dieser wurde in der anschließenden Abstimmung mit großer Mehrheit nicht nur angenommen, sondern nach wenigen Tagen auch umgesetzt.


Nun ist der Präsident der IHK Aachen – Wolfgang Mainz – auf dem Weg nach London, um den Aachener Appell „Please stay“ im Rahmen des Herbstempfangs der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer am 12.10.2018 nach Großbritannien zu tragen.


Unnötig zu sagen, dass ich ihm bei dieser Mission alle Daumen drücke (und ihm und dem IHK-Hauptgeschäftsführer Michael F. Bayer wohl auch ein Bier schulde). Aber mir ist es auch wichtig zu betonen, dass der Umgang der IHK Aachen in Hauptamt und der Vollversammlung mit einer Idee eines Einzeln zeigt, dass jeder in diesem Gremium etwas bewirken kann, egal wie klein oder groß sein Unternehmen ist. Und das ist die Botschaft an die Kritiker der Kammern: Mitmachen statt meckern. Es lohnt sich.
Und jetzt wäre es toll, wenn unser Beitrag aus Aachen über die Grenzen der Stadt Karls des Großen hinaus Gehör finden würde und Großbritannien aktives Mitglied der EU bleibt und Europa weiter mitgestaltet. Auch wenn es unbequem ist.


Vielleicht mag der ein oder andere sich der Idee anschließen und die Nachrichten teilen und selber die Hand über den Ärmelkanal zu unseren britischen Freunden ausstrecken.
Please stay!

Würselen / Aachen, 11.10.2018 – Thomas Käfer

Update: Wie wir alle wissen, haben sich die Briten dann doch für einen Austritt aus der EU entschieden. Schade. Aber an uns hat es nicht gelegen. Wir haben es versucht. Trotzdem bleiben wir Freunde (außer beim Fußball).

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